Die Imkerei im Vorwerksgarten

Die Imkerei Schlörholz befindet sich im Vorwerksgarten, einer kleinen Straße in der Nähe des alten Dorfkerns von Rethmar bei Sehnde. Der gesamte Straßenzug wurde in den frühen zwanziger Jahren mit Fachwerkhäusern in traditioneller Konstruktionsweise bebaut.

Haus-Segen der Imkerei

Der für diese Häuser typische Segensspruch am Haus Nr. 14 ist ein Zitat aus dem Lorscher Bienensegen, eines der ältesten, bekannten Beispiele althochdeutscher Schrift in Versform. Dieser Segen kann auch als Zauberspruch aufgefasst werden und gilt einem Bienenvolk, das ausgeschwärmt ist und zum Imker zurückkommen solle.

Nu fluic du uihu minaz hera fridu frono in munt godes gisunt heim zi comonne
Nun fliegt, ihr meine Bienen, um im Frieden des Herrn, im Schutz Gottes, gesund heimzukommen

Da der Erbauer des Hauses auch Besitzer einer Imkerei ist, kann dieser Spruch im ursprünglichen Kontext gemeint sein. Er soll also die eigenen Bienen beschützen und sie vor den Gefahren des Schwarmflugs bewahren.
Das Wort "uihu" (oder auch "vihu") steht für eine Gruppe von Geschöpfen. Neben dem Schwarm mag dieses Wort auch Getier, Herde oder - etwas freier übersetzt - Familie bedeuten. Damit bietet der Spruch - eigenständig betrachtet – Spielraum, ihn auf die Menschen in diesem Haus zu beziehen. So soll er diejenigen Bewohner beschützen, die das Haus kurzzeitig, für eine längere Reise oder gar für einen Lebensabschnitt verlassen (Nun zieht Ihr, meine Kinder, los, ...). Gleichzeitig soll er ihnen zu jeder Zeit die sichere Rückkehr unter dem Schutz Gottes ermöglichen.
Mit einer gewissen Berechtigung kann das Wort „hera“ auch mit zurück übersetzt werden. Somit gilt dieser Spruch auch den Gästen des Hauses, die nach erfolgtem Besuch wieder gesund zu Hause ankommen mögen (Nun geht Ihr, liebe Gäste, zurück, um ...).

Der Lorscher Bienensegen wurde wahrscheinlich im neunten Jahrhundert niedergeschrieben. Neben der wunderschönen Sprache bietet uns dieser Spruch einen Einblick in das Leben dieser Zeit, in dem die Menschen in vielfältiger Weise der Natur ausgeliefert waren. Mit dem heutigen Wissen klingt ein solcher Segen reichlich naiv. Damals allerdings muss den Menschen der imposante Anblick eines schwärmenden Bienenvolkes vorgekommen sein, als werde er von einer göttlichen Hand gelenkt. Die Sorge um den Verlust von einem Bienenvolk beschreibt zudem die Bedeutung der Imkerei in jener Zeit. Waren doch Honig und Wachs als Süßungsmittel bzw. als Rohstoff für Kerzen alternativlos.

Der komplette Bienensegen ist samt Übersetzung hier zu finden.

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